Der Ausweis von negativen Rechnungsbeträgen und der damit einhergehende negative Umsatz steuerausweis stellen einen gegenläufigen Zah lungsanspruch dar, wonach eine Schuld des Leistenden an den Leistungsempfänger vorliegt. Möglich ist hierbei die Leistungsabrechnung im Gutschriftenwege. Am 18.4.2023 nahm das Bundesfinanzministerium, z. T. entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, Stellung zur Frage der Entstehung einer Umsatzsteuerschuld bei unberechtigtem oder unrichtigem Ausweis negativer Umsatzsteuerbeträge.
Hat ein Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag gesondert ausgewiesen als er nach dem Gesetz für den Umsatz schuldet (sog. unrichtiger Steuerausweis), schuldet er den Mehrbetrag. Wird ein Steuerbetrag ausgewiesen, obwohl der Unter- nehmer nicht zum Ausweis der Steuer berechtigt war (sog. unberechtigter Steuerausweis), schuldet er ebenfalls den ausgewiesenen Betrag. Fraglich ist, ob die Umsatzsteuer auch bei negativem Steuerausweis begründet werden kann.
Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2019, in der eine Begründung einer Steuerschuld bei unberechtigt oder unrichtig ausgewiesenen Negativbeträgen ausgeschlossen wurde, nahm das Bundesfinanzministerium am 18.4.2023 zu diesem Thema Stellung. Dabei sind folgende Fallkonstellationen zu unterscheiden:
1. Abrechnung über eine Entgeltminderung
Der unzutreffende Ausweis einer Entgeltminderung durch ein Minuszeichen in einer Rechnung führt nicht zu einer Steuerschuld. Das Bundesfinanzministerium stellt klar, dass es sich bei dem Umsatzsteuerbetrag weder um einen unrichtig ausgewiesenen „Mehrbetrag“ noch um einen unberechtigt ausgewiesenen Betrag handelt, da es an einer Leistungsabrechnung mangelt. Dies entspricht der Auffassung des Bundesfinanzhofs.
2. Abrechnung über eine (angeblich) erbrachte Leistung
Rechnet der Leistende unberechtigt eine (angeblich) erbrachte Leistung ab und wird die Umsatzsteuer entsprechend als negativer Betrag in der Rechnung ausgewiesen, geht das Bundesfinanzministerium davon aus, dass Umsatzsteuer geschuldet wird. Der negative Ausweis stehe hier für eine Zahlungsverpflichtung und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei daher nicht anzuwenden.
3. Abrechnung mittels Gutschrift
Bei Abrechnungen im Gutschriftenwege hält das Bundesfinanzministerium die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ebenfalls für nicht anwendbar. Es geht von der Entstehung der Umsatzsteuerschuld aus, sofern in der Gutschrift die Umsatzsteuer unberechtigt ausgewiesen wird.
Zudem sind weitere Informationen zur Prüfung der Abrechnung über eine (angeblich) erbrachte Leistung oder über eine Entgeltminderung nur ergänzend heranzuziehen, wenn die Abrechnung darauf verweist. Diese Auffassung steht jedoch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entgegen, nach der die Finanzverwaltung sämtliche Unterlagen zu berücksichtigen hat, die zur Prüfung eines Sachverhalts zur Verfügung stehen.
HINWEIS: Leistende und Leistungsempfänger sollten relevante Rechnungen und Gutschriften mit Ausweis von negativen Steuerbeträgen im Hinblick auf die obige Verwaltungsanweisung gründlich prüfen, um nicht beabsichtigte Umsatzsteuerzahlungen zu vermeiden. Fehlerhafte Abrechnungen sind regelmäßig zu korrigieren.